In die Heide ist wieder ein Frühling
eingekehrt, dem es an Besonderheiten nicht mangelt.
Diesmal sehe ich den Frühling mit ganz
anderen Augen. Vielleicht liegt es daran, dass wir nun schon über ein Jahr in
der Lüneburger Heide leben, viel gesehen und erlebt haben, uns wohlfühlen.
Noch im letzten Jahr waren wir zur
Frühlingszeit gerade drei Monate vom Umzug entfernt und hatten das Erleben
dessen noch nicht richtig verarbeitet.
Ein ziemlich großer, aufwändiger Umzug
war es gewesen vom Hunsrück, Nähe Idar- Oberstein, bis in den deutschen Norden,
vor die Tore der Weltstadt Hamburg.
Nach über einem Jahr sagen wir nun,
dass es uns trotz täglicher Querelen mit Ämtern und Behörden, manchen
finanziellen Misslichkeiten und privaten Erlebnissen von gut bis kümmerlich,
dennoch gut und besser geht.
Ein paar Freunde haben wir inzwischen
auch hier gefunden, in dieser ländlichen Gegend der Nordheide, die uns das
schönste Herzstück der gesamten Heidelandschaft ist.
In diesem Frühjahr sehe ich die
Schatten in der Heide, vom hellen Sonnenlicht geprägt und abgeworfen hinter die
Wachholder als ein Zeichen von Heimeligkeit, die wohltuend ist.
Davon möchte ich heute erzählen und
von den ganz anderen Schatten auch, den derben, die täglich auf unsere Seelen
geprägt werden, nicht von Sonnenstrahlen und natürlichen Strukturen, sondern
von den Menschen und ihren strategischen Machenschaften in allen
Lebensbereichen.
Doch zunächst lauscht wieder den
stillen Klängen und romantischen Farbtönen meiner selbst aufgenommenen
Heidebilder 2008.
Ganz bewusst lasse ich alle Besucher
diese Seiten als eine Art Kaleidoskop erleben, gebe ihnen keine kalkulierte
Struktur, die sich auf enormen Zulauf und Sensationen ausrichtet.
Nein, mein Anliegen ist es, jene, die
hierher finden, teilhaben zu lassen an der Harmonie, die solche Bilder
ausstrahlen.
Es bewerte mich bitte nicht gleich die
Fachwelt Fotografie und Kunst für vielleicht ungeschickte Aufnahmen hinsichtlich
der Qualität. Diese Fotos sind nicht gemacht für Sachzwänge und nicht solcher
wegen entstanden, sondern aus reiner Lebensfreude und dem Bedürfnis, die
Eindrücke aller Sinne festzuhalten und wieder auszustrahlen.
Vielleicht erweckt sich dadurch bei
den Betrachtern dieser Fotos der Wunsch, die unvergleichlich schöne Natur der
Lüneburger Heide einmal zum Greifen nah erleben zu wollen und auch sonst
spricht nichts dagegen, sich zur Entspannung Fotos anzusehen, die ablenken vom
Alltagsstress.
Diese kleine Fotoauswahl entstand am
frühen Nachmittag nur eines Frühlingstages innerhalb von dreißig Minuten und
beinhaltet trotzdem reichlich Spannung, die ihren Schatten voraus wirft in
einen ungewissen Abend...
Wie oft reden wir von den
„Schattenseiten“ des Lebens?
Das Ohr an der Aktualität unseres
Daseins höre ich jeden Tag etliche Leute davon reden, dass es wohl kaum
vernünftig weitergehe in unserem Deutschland. Summiere ich in meinen Gedanken,
was da an Meinung rüber kommt, heißt das im Klartext:
Nichts wird besser – egal, wer
regiert.
Alles wird teurer – egal, was es ist.
Bezahlen muss, wer sich sowieso nicht
schuldig fühlt.
Kann das so stehen bleiben?
Nun, zum einen unterstützen vor allem
die Medien mehr als tatkräftig, also: über Gebühr, diese öffentliche Meinung
und scheren sich dabei einen Kehricht um eigene Berufsethik und Moral. Zum
anderen will eine breite Masse der Leute schon gar nichts anderes mehr hören
und begnügt sich mit Jammern und Klagen.
Es ist schon einige Jahre her, als ich
folgendes kleine Gedicht in einem Büchlein las:
Jedermanns - Monolog
Die Zeiten sind schlecht und vor allem stets schuld. Jeder hat Stress und keiner Geduld. Die Zeiten sind schlecht.
Viele Menschen sind arm. Der Staat wird nicht reicher. Alle werden gleicher und gleicher. Viele Menschen sind arm.
Deutschland hört sich lauthals klagen: Die Politik schlägt auf den Magen. Wir haben uns ganz schön verrannt!
Niemand kann noch mehr Kohl vertragen. Wir haben uns ganz schön verrannt. Laut und deutlich muss man das sagen!
(aus dem Buch: „Manches Herz braucht eine Brille“, Autor: L.
Arguso, Verlag: Frieling & Partner GmbH Berlin 2001, 1. Auflage)
Das kann so stehen bleiben.
Es spricht leider viel dafür, dass
diese Zeiten noch sind.
Wie die langen Schatten der
sonnenüberfluteten Heide schon zeitig des Tages dem Abend entgegen streben,
haben wir es in unserem Lande geschafft, politisch genau das Gleiche zu tun:
Wir wandern im Kreis um unsere Probleme und Sorgen, Verwunderung im Gesicht,
Falten auf der Stirn, grübeln, haben Angst oder sind einfach zu müde, uns nach
Feierabend noch mit Problemen auseinander zu setzen.
Doch: Was wir nicht tun, werden unsere
Kinder später auch nicht mehr gewährleisten.
Zu unserer Verantwortung gehört, uns
nicht nur für das Mögliche anzustrengen, sondern auch in die Zukunft zu bauen.
Damit sind keine Mauern gemeint und
nicht die Wolkenkratzer in den Städten. Vielmehr spreche ich von unseren
Zielen, unserer Moral, von den Energien und Perspektiven.
Eine sehr bekannte Melodie schwingt in
mir und gibt mir folgenden Gedanken dazu:
„Sag mir, wo die ....“ ZIELE sind und
die Werte, Kräfte, Gefühle und Träume.
Die Werte?
Traditionen sind versunken,
untergegangen, werden nicht mehr gelebt - abgetan als überholt. Stattdessen
wird hoch gelobt, dass es auch ohne geht, weil keiner mehr die Zeit hat,
sich um Traditionen innerhalb unserer
Kultur zu kümmern (oder diese nach wie vor verpönt sind), in der Familie und in
der Gesellschaft.
Nicht von ungefähr klagen Mütter und
Väter über die Teilnahmslosigkeit ihrer heranwachsenden Sprösslinge am
Familiengeschehen und sogar Vereinsvorsitzende über eine neue „Müdigkeit“ im
Vereinsleben, die sich breit macht.
Kräfte
- welche?
All unsere Kräfte, körperliche und
geistige werden heute mehr denn je in fast schon unverträglicher Weise
strapaziert. Ob es wohl an der Flut der Reize liegt, denen wir täglich
ausgesetzt sind? An Beschallung, Lichtblitzen, Geschwindigkeiten und eventuell
auch an den Impulsen, mit denen der Zeittakt der Wirtschafts- und
Profitstrategien uns antreibt?
Gefühle?
„Die guten ins Töpfchen, die
schlechten ins Kröpfchen“, wusste Aschenbrödel im Märchen zu trennen - und wir?
Können wir noch unterscheiden zwischen beiden?
Gewalt und Einsamkeit erlebt heute
doch jedes Kind. Wird es erwachsen, lebt es mit dem, was es früh erfahren hat.
Zu nimmt, was wir wachsen und gedeihen
lassen.
Ist es Unkraut, sind es Blumen?
Und die Träume?
Angst macht sich breit und Angst vor
der Angst. Nicht nur die Kinder leiden.
Wo sind sie geblieben: die ZIELE?
Marketing und Management platzen vor
Innovation schier aus allen Nähten und doch gibt es keine echten Perspektiven,
nicht wahr?
Was ist geschehn?
Zwischen den Begriffen ZIEL und
PERSPEKTIVE denke ich mir heute das gleiche Missverhältnis wie schon bekannt
als Kreidekreis um die faktische Konstellation der Frage:
„Haben sie Arbeit und können sie die
Miete auch wirklich bezahlen?“
SAGT, wo Perspektiven sind ...
Dann werden wir verstehn...
eilen
uns voraus in eine ungewisse Zukunft.
In der Heidelandschaft genauso.
Wir erleben heute einen FRÜHLING
DER LANGEN SCHATTEN.
Sascha-Kai Böhme
SKB
2008
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